Die erfolgreiche Positionierung einer Marke setzt umfangreiches Wissen über die Bedürfnisse und Anforderungen in den Zielgruppen voraus. Nur so kann sich die Stadt als Marke von ihren Wettbewerbern differenzieren. Eine Analyse der zielgruppenspezifischen Bedürfnisse und die daraus resultierende Entwicklung geeigneter Maßnahmen zur Markenpositionierung setzt zunächst die Identifikation der Zielgruppen einer Stadtmarke voraus. Daran schließt sich die Erstellung einer Strategie an, mit welchen Maßnahmen die Marke bei den Zielgruppen positioniert werden kann.

Identifikation und Ansprache der Zielgruppen

Grundsätzlich sind die externen Zielgruppen einer Stadtmarke genau die, um die Städte im Wettbewerb der Kommunen zur nachhaltigen Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit buhlen: Unternehmen, Gründer, Investoren, Touristen, Geschäftsreisende, Besucher für Veranstaltungen und Events, Stadt- und Umlandbewohner. Die exakte stadtspezifische Bestimmung externer Zielgruppen ergibt sich aus der individuellen Merkmalsausstattung einer Stadt. Darüber hinaus soll die Stadtmarke auch die internen Zielgruppen (städtische Mitarbeiter und politische Akteure) erreichen. Zur individuellen Zielgruppenidentifikation dienen die im Rahmen der Markenanalyse gewonnen Erkenntnisse zu den imagebildenden und die Stadtmarke positiv beeinflussenden Leistungen und Eigenschaften als Grundlage.

Das Feld der Zielgruppen ist breit gefächert. Wichtig ist, dass mit der Stadtmarke die Anforderungen der Zielgruppen erfüllt und die individuellen Zusatznutzen, welche die Stadt erbringt, angesprochen werden. Können die Anforderungen vor Ort nicht erfüllt werden, sollte die jeweilige Zielgruppe außer Acht gelassen werden. Glaubwürdigkeit spielt in der Markenführung eine übergeordnete Rolle und ist Richter über Erfolg oder Misserfolg einer Stadtmarke.

Auf die Feststellung der Zielgruppen, welche mit der Stadtmarke gezielt angesprochen und umworben werden sollen, folgt die Entwicklung einer Strategie, wie diese Zielgruppen erreicht werden können. Die nachhaltige Positionierung und Manifestierung der Marke in den Köpfen der Zielgruppen und die dortige Verankerung positiver Assoziationen mit einer Stadt ist vorrangiges Ziel der Markenführung. Mitglieder der Zielgruppen sollen ein positives Bild von der Stadt und ihrer Marke haben und als Multiplikator und Marken-Promotoren in ihren Zielgruppen fungieren. Mund zu Mund-Propaganda ist der Schlüssel zum Erfolg einer starken Marke, mittels derer sich eine Stadt von anderen Kommunen differenziert. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die mit einer Stadtmarke verbundenen Alleinstellungsmerkmale die Zielgruppen erst einmal erreichen und sich der Markenkontakt nachhaltig positiv auswirken.

Wie bereits angemerkt, entsteht eine Stadtmarke von ganz allein und lenkt das Bewusstsein der Zielgruppen. Im Ergebnis wird Markenpräferenz ausgelöst oder nicht. Das Markenempfinden beim Kunden wird von Markenerlebnissen gesteuert, und wenn ein Kunde die Marke selbst noch nicht erlebt, so schöpft er seine Meinung unter anderem aus Erlebnissen anderer, aus Erzählungen oder öffentlichkeitswirksamer Berichterstattung. Den funktionalen Nutzen einer Leistung kann man objektiv bewerten, Marken erlebt man und Erlebnisse lösen Emotionen aus. Genau diese Emotionen muss man mit einer Marke gezielt und strategisch geplant ansprechen und darstellen.

Die Welt emotionaler Zusatznutzen lässt sich nicht ohne weiteres erforschen und exakt bestimmen. Zwar kann man aus den mit einer Stadt verbundenen Assoziationen Erkenntnisse ableiten, diese müssen aber in eine neue Gestalt gegossen werden, um die Marke bei den Zielgruppen zu positionieren. Ziel ist es, die Zielgruppen an den mit der Marke verbundenen Emotionen teilhaben zu lassen – sie zu Beteiligten der Marke und der damit zusammenhängenden Gefühlswelt zu machen. Erreicht man mit der Marke die Herzen der Zielgruppen passgenau, so ist der Erfolgskurs der Marke geebnet.

Mit dem Konsum von Marken werden Selbstdarstellung und -verwirklichung verbunden. Der Konsument muss sich als Teil der Marke fühlen, sich mit ihr identifizieren und die mit ihr verbundenen Assoziationen auf sich selbst übertragen. Daraus entsteht eine nachhaltige Beziehung zwischen Konsument und Marke. Da es unmöglich ist, mit einer Marke auf die Selbstverwirklichungswünsche jedes potenziellen Kunden persönlich einzugehen, können Stereotypen als Orientierungshilfe dienen. Ihnen zugrunde gelegt werden kann das Konzept der Archetypen, welches für die erfolgreiche Markenpositionierung im privatwirtschaftlichen Markenmanagement mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Archetypen sind Stereotypen, welche aus Erfahrungen geboren sind und können dazu genutzt werden, der Marke und ihrer individuellen Positionierung eine visualisierbare Gestalt zu verleihen. Dadurch wird die Marke sowohl intern als auch extern greifbarer und objektiv verständlicher.

Die wichtigsten 12 Archetypen für unsere heutige Gesellschaft sind:

  • Das Kind (Motive: Neugier, Liebe, Spaß),
  • der Bodenständige (Motive: Stabilität, Treue, Sicherheit),
  • der Fürsorgende (Motive: Liebe, Geborgenheit, Treue),
  • der Kämpfer (Motive: Wettkampf, Leistung, Erfolg),
  • der Entdecker (Motive: Abenteuer, Neugier, Freiheit),
  • der Liebende (Motive: Liebe, Geborgenheit, Treue),
  • der Rebell (Motive: Rebellion, Selbstverwirklichung, Freiheit),
  • der Herrscher (Motive: Macht, Kontrolle, Status),
  • der Magier (Motive: Wissen, Abenteuer, Neugier),
  • der Weise (Motive: Wissen, Wahrheit, Gerechtigkeit) und
  • der Narr (Motive: Spaß, Geselligkeit, Neugier).

Je nach Markenidentität können die Archetypen einzeln aber auch als Kombination aus mehreren Archetypen zur Markenpositionierung und für weitere Maßnahmen im Rahmen der Markenführung eingesetzt werden. Insofern sollten zu allen Zielgruppen die entsprechend passenden Archetypen und ihre Merkmale herausgearbeitet werden. Dadurch kann die spätere Markenkommunikation zielgruppengerecht ausgestaltet werden. Zum Konzept der Markenarbeit mit Archetypen harmoniert das Storytelling-Marketing hervorragend. Tiefergehende Ausführungen hierzu findet Ihr in einem anderen Beitrag in der Kategorie MARKEnkommunikation.

Aus den Analyseergebnissen und der Markenarchitektur können die Zielgruppen einer STADTMARKE genau abgelesen werden.

Kommt z.B. bei der Befragung und den Workshops heraus, dass eine Stadt ein prosperierender Wirtschaftsstandort mit Wachstumspotenzial ist, so bilden Unternehmen, Investoren und Gründer eine Zielgruppe. Stehen zahlreiche Bauflächen für Einfamilienhäuser zu moderaten Grundstückspreisen zur Verfügung und hat die Stadt eine attraktive Schulinfrastruktur sowie ein gutes Betreuungsangebot aufgebaut, bilden Familien eine Zielgruppe.

Es können auch neue Zielgruppen mit der Stadtmarke erschlossen werden: Resultiert aus der Befragung, dass die Stadt als attraktive Gegend für Aktivitäten in der Natur wahrgenommen wird und kann dies auch an bestimmten Leistungen festgemacht werden, können Aktiv-Tages-Touristen gezielt mit der Marke angeworben werden.

Ich extrahiere nun einmal exemplarisch die Zielgruppen Familien, Aktiv-Tages-Touristen, Kulturinteressierte und Unternehmer. Die Markenpositionierung mittels Archetypen soll nun anhand dieser Zielgruppen beispielhaft dargestellt werden:

Familien

  • Archetypen bei den Eltern: Bodenständige, Liebende, Fürsorgende
  • Archetypen bei den Kindern: Kind, Entdecker, Magier, Narr, Rebell (nach Alter)

Aktiv-Tages-Touristen

Archetypen: Kämpfer, Entdecker, Magier

Kulturinteressierter

  • Archetypen bei historisch-kulturell Interessierten: Entdecker, Magier, Weise
  • Archetypen bei den Konsumenten des Kulturprogramms: Kind, Entdecker, Narr

Unternehmen

  • Archetypen: Bodenständige, Rebell, Kämpfer, Herrscher, Weise (nach Unternehmensart)

Die Ansprache der Zielgruppen muss stereotypisch gestaltet werden und deren dominanten Archetypen ansprechen. Gut realisierbar ist dies mittels authentischer Markenbotschafter, welche ähnliche archetypische Verhaltensmuster aufweisen.

Markenstrategie erstellen

Marken sind langfristig ausgerichtet und bedürfen daher einer richtungsweisenden Strategie, die ausreichend Freiraum zur moderaten Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen lässt. Eine entwickelte Stadtmarke darf politischem Machtwechsel nicht zum Opfer fallen. Die Markenstrategie soll als übergeordnete Richtschnur aller Markenaktivitäten verstanden werden und die Interessen aller aktiven politischen Akteure einbeziehen und abbilden. Dies kann durch die Einbindung politischer Vertreter im Marken-Kernteam erfolgen. Dadurch wird nicht nur eine gewisse Kontinuität der Stadtmarke sichergestellt, sondern die Stadtmarke auch auf einer breiten Identifikationsbasis aufgebaut.

Imageprägende und differenzierende Merkmale einer Stadt werden in der Markenarchitektur erfasst und dienen der Markenstrategie als grundlegende Basis. Die Markenstrategie enthält langfristige Planungen zum Erreichen der mit einer Stadtmarke verfolgten Ziele: Aufbau und Stärkung einer erfolgreichen Stadtmarke. Im Rahmen der Markenstrategie wird das mit der Marke verfolgte strategische Ziel in operative Ziele und Maßnahmen übersetzt. Alle Maßnahmen werden vom Markenkern aus abgeleitet und auf die identifizierten Zielgruppen ausgerichtet. Der Markenkern wurde innerhalb der Markenbildung herausgearbeitet. Die Stadtmarkenarchitektur dient als Rahmen, wohingegen die Markenstrategie als Wegweiser für alle Akteure agiert. Dadurch wird die Marke zum Sinnstifter und Begründer der Aktivitäten einer Stadt.

Im Rahmen der Entwicklung der Stadtmarkenstrategie geht es primär darum, Ziele zu formulieren und entsprechende Maßnahmen zu entwickeln, die zum Erreichen der Ziele führen können. Insofern bilden die Maßnahmen die Grundlage für die operative Markenführung.

Die Strategieentwicklung sowie die Begleitung des Markenbildungs- und Markenpositionierungsprozesses ist Aufgabe des Marken-Kernteams. Markenführung und die Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Verstärkung der Markenwirkung sind originäre Aufgaben des Stadtmarketings. Allen Akteuren obliegt zudem die Verantwortung, die Markenidentität „mit Leben zu füllen“ und die Marke erlebbar zu machen.