Eine Umfrage zum Thema „Sport im Urlaub“ in 2019 ergab, dass 49 Prozent der Befragten in Deutschland, die sich vorstellen können, einen Aktivurlaub zu buchen, an einem Wanderurlaub interessiert wären. Rund 32 Prozent der Befragten hätten Interesse an einer Fahrradtour. Zu diesen schon sehr guten und aussagekräftigen Zahlen kommt, dass die beiden Bereiche mit Sicherheit im letzten Jahr, vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Reiseeinschränkungen, noch mehr an Beliebtheit gewonnen haben werden. Zumal ja schon alleine subjektiv der Eindruck entstand, dass sämtliche Verwandten, Freunde und Bekannten nur noch mit dem Rad oder Wanderschuhen gewappnet unterwegs waren.

Ein Stimmungsbarometer im Bereich der Fahrradindustrie aus dem vergangenen Jahr ergab zudem, dass sich das Fahrrad in den ersten von der Corona-Pandemie geprägten Monaten zum Verkehrsmittel der Stunde entwickelt hat. Die Zahl der in Deutschland allein im Zeitraum von Januar bis Juni 2020 verkauften Fahrräder und E-Bikes ist, trotz Schwierigkeiten durch Shutdowns in Asien und Europa und stockenden Warenflüssen, auf 3,2 Millionen gestiegen – ein Absatzplus von 9,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Vorgenannte Zahlen verdeutlichen, dass das Stadt- und Tourismusmarketing diese sowieso schon recht flächendeckend bearbeiteten Themenbereiche noch mehr fokussieren und mit geeigneten Maßnahmen stärken sollte. Viele Städte bieten auch schon eine Vielzahl an Routenvorschlägen auf ihren Internetseiten an. Jedoch müssen Radler und Wanderer zunächst erstmal auf der Seite suchen. Im Folgenden stelle ich eine Möglichkeit vor, mit der man auch diejenigen anlocken kann, die einen vielleicht noch nicht so „auf dem Radar“ haben. Durch das Zurückgreifen auf bestehende, bereits weit verbreitete und intensiv genutzte, Apps und Internetseiten kann man proaktiv um neue aktive Gäste werben.

Eine davon nutze ich für fast alle meine Touren zur Planung und Durchführung von Rad- und Wanderausflügen – egal ob Mehrtages- oder Kurzausflug: Komoot. Komoot hat inzwischen über 8 Millionen registrierte User und je nach Saison über 4,5 Millionen monatlich aktive Nutzer.

Komoot ist in der Basis-Version eine kostenlose Navigations-App mit dazugehöriger Desktop-Internetseite speziell für Wanderer, Radfahrer und Mountainbiker. Ich nutze die Desktopversion von Komoot zur intensiven Auseinandersetzung mit Ausflugsregionen/-zielen und dem Heraussuchen einzelner Etappen für geplante Rad- und Wandertouren. Die App leistet mir unterwegs zur Navigation sehr gute Dienste. Gespeicherte Touren werden nämlich automatisch auf allen Geräten synchronisiert. Dadurch kann man Touren auf dem PC planen und mit dem Smartphone losziehen.

Komoot macht einem verschiedene Vorschläge für Touren, je nachdem, ob man lieber wandern oder biken möchte. Diese Touren kann man in sein Profil übernehmen oder auch einfach selbst eine neue eigene Route planen. Einem wird nicht nur die genaue Wegführung angezeigt, sondern auch Informationen zu Streckenlänge, benötigter Zeit, Höhenmetern und Wegtypen. So weiß man bereits im Voraus, ob man an Straßen entlang laufen muss oder ob der Weg besonders steinig wird. Während der Wanderung zeigt einem die App an, wann man wo abbiegen muss. Man kann seine Route mithilfe von GPS von der App aufzeichnen lassen. Dadurch sieht man im Nachhinein ganz genau, wie man gelaufen bzw. gefahren ist. Das ist gerade dann spannend, wenn man von der geplanten Route abgewichen ist. Zudem weiß man so auch immer, wie schnell man sich gerade fortbewegt und wie die Durchschnittsgeschwindigkeit ist. Man sieht auch die bereits zurückgelegten Kilometer.

Macht man während der Wanderung oder Fahrradtour Fotos, ordnet die App sie automatisch der Stelle auf der Karte zu, an der man sie aufgenommen hat. Außerdem hat man die Möglichkeit, Highlights und gastronomische Angebote entlang der Strecke zu empfehlen. Seine geplanten oder bereits absolvierten Touren kann man veröffentlichen und so anderen Komoot-Nutzern zur Verfügung stellen. Andersherum kann man sich bei anderen Usern Anregungen für eigene Touren holen. Und genau diesen Ansatz kann man für das Stadt-/Tourismusmarketing nutzen:

Man meldet sich bei Komoot an und erstellt in der kostenpflichtigen Premium-Version eigene Touren oder ganze sog. Collections mit mehreren Touren für bestimmte Zielgruppen (Wanderer, Fahrradfahrer, Mountainbiker, Rennradfahrer usw.). Diese Touren kann man anschließend bewerben und damit Follower generieren. Interessierte kommen jedoch auch von ganz alleine auf das eigene Profil mit eingestellten Touren, wenn sie in der Region, für die man Touren erstellt hat, nach Vorschlägen suchen.

Neuerdings gibt es auch hier besondere Entdecker, die sog. Pioneers, die man in gewisser Weise mit Influencern aus den sozialen Netzwerken vergleichen kann. Pioneers sind ganz normale Komoot-Nutzer, die ihre Lieblingsorte, Entdeckungen und Erfahrungen teilen, damit auch andere ihre Highlights erleben können. Wenn man solche Pioneers für seine Region und Routen begeistern kann, generiert man mit Sicherheit eine höhere Aufmerksamkeit und Reichweite, ohne dass gezielt nach einem gesucht werden muss.

Wirklich beispielhafte Profile führen FrankenTourismus und Oberstdorf, die auch bereits zahlreiche Follower haben. Ein schönes Profil, welches zwar noch nicht so viele Abonennten hat, aber dennoch sehr schön ist, ist das des LieblichenTaubertals.

Folgend ein paar Screenshots, wie derartige Profile dann auf der Internetseite/in der App selbst aussehen:

Um Komoot nun zielgerichtet zu nutzen, kann ich nur empfehlen, Rad- und Wandertouren zu erstellen, die Aktiv-Touristen in die Region locken, die an mehreren Tagen verschiedene Touren machen können und so die ortsansässige Gastronomie und Hotellerie, Campingplätze sowie den lokalen Einzelhandel nutzen. Hierfür eignen sich „Collections“ prima.

Man könnte z.B. eine Sammlung für ein Wochenende vor Ort machen und dann 2-3 Touren hier unterbringen. Darüber hinaus könnte man eine Collection für ein verlängertes Wochenende mit 3-4 Touren machen und auch eine Touren-Sammlung für eine ganze Woche oder sogar 14 Tage.

Als größere Region kann man natürlich auch Fahrten von einem Punkt der Region zum anderen Punkt anbieten. Hier sollte man daran denken, anschließende Verbindungen z.B. Anreise mit dem ÖPNV zum Startpunkt der Tour, Verbindungen mit dem ÖPNV vom Start- zum Zielpunkt anzugeben oder mit regionalen Anbietern zu organisieren und anzubieten. Die Route sollte an gastronomischen und touristischen Angeboten sowie Sehenswürdigkeiten vorbeiführen, aber auch durch die Ortskerne der an die Routen angeschlossenen Kommunen führen. Dadurch kann man mögliche neue Kunden für Gastronomen und Einzelhändler generieren.

Grundsätzlich sollten die vorgeschlagenen Touren nicht nur durch idyllische Landschaften führen, sondern stets gastronomische Betriebe, besondere Sehenswürdigkeiten und/oder touristische Angebote wie Frei(zeit)bäder, Minigolf-Plätze, Tierparks, Spielplätze, Freizeitparks o.ä. einschließen, dort starten oder enden. Darüber hinaus sollten Ladestationen für e-Bikes zur Verfügung stehen und markiert werden. Denn die Anzahl der e-Bike-Fahrer nimmt stetig zu.

Aber auch die Aktiv-Tagestouristen sind eine große Zielgruppe, derer man sich widmen sollte. Rad-, Lauf- und Wandertouristen für einen kurzen Ausflug in die eigene Stadt zu holen lohnt sich. Denn zumindest die Rad- und Wandertouristen legen auch gerne mal einen Stopp in gastronomischen Einrichtungen ein, besuchen Sehenswürdigkeiten oder geöffnete Geschäfte und nehmen vielleicht das ein oder andere mit nach Hause. Über sorgfältig geplante und veröffentlichte Routen kann man die Nutzer der Navi-App komoot gezielt durch Einkaufsstraßen oder vorbei an Sehenswürdigkeiten und Gastronomiebetrieben führen.