Guerilla-Marketing setzt auf den Überraschungs-Effekt, den schon die Kleinkriegsführung erfolgsversprechend einsetzte: An unerwarteten Stellen und Zeitpunkten wurden Gegner von kleinen nicht erkennbaren Einheiten angegriffen. Hieraus leitete sich der Guerilla-Marketingansatz ab, der heutzutage eingesetzt wird, um auf dem übersättigten Werbemarkt die Zielgruppen wirkungsvoll mit einer Botschaft zu erreichen. Guerilla-Marketing bedient sich des direkten Lebensumfelds der Zielgruppen, in das gezielt außergewöhnliche und aufmerksamkeitserregende Werbemaßnahmen eingebracht werden – Werbung aus dem Hinterhalt. Der gewünschte Überraschungseffekt von Guerilla-Marketing ermöglicht jedoch keine Wiederholung ein und derselben Aktion, sodass immer wieder neue Kreativität gefordert wird.
Guerilla-Marketing setzt verschiedene Kommunikationsinstrumente ein, die mit möglichst geringen Kosten eine möglichst große Anzahl an Personen überraschen sollen. Ein hoher Guerilla-Effekt führt zu einem besonders positiven Kosten-Nutzen-Verhältnis. Vor allem sollen Guerilla-Marketingmaßnahmen die Mundpropaganda anregen, um die Markenbekanntheit zu steigern. Gerade für die relativ kleinen Marketing-Budgets von Kommunen sind solche Instrumente mit enormem Potenzial versehen.
Beim Guerilla-Konzept steht die Kommunikation (Promotion) des Marketing-Mix im Vordergrund. Hierbei kommt es nämlich vor allem darauf an, wie die mit einer Marke verknüpften Botschaften die Zielgruppe erreichen. Guerilla-Marketing bedient sich verschiedenartiger Instrumente, die sich in ihren Zielen und gewünschten Effekten voneinander unterscheiden. Welches Guerilla-Instrument zur Anwendung kommt, hängt ganz von den Zielgruppen als auch von den gewünschten Effekten der Marketingmaßnahmen ab. Ausgewählte Instrumente, welche vor allem auf das Marketing von Stadtmarken gut angewendet werden können, werden in den folgenden Ausführungen näher erläutert.
Ambush-Marketing
Ambush stammt aus dem Englischen und bedeutet „Hinterhalt“, woraus auch die Taktik deutlich wird, auf die das Ambush-Marketing aufbaut. Ambush- Marketingmaßnahmen nutzen Großveranstaltungen (z.B. Sportveranstaltungen) ohne offizielle Sponsorenvereinbarung zu Werbezwecken. Nicht nur für große Unternehmen ist Ambush-Marketing eine gute Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu generieren. Derartige Maßnahmen sind nämlich auch mit niedrigem Kosteneinsatz gut realisierbar, wenn man kreativ und innovativ neue Möglichkeiten zur Markenplatzierung ausfindig macht.
Ein öffentlichkeitswirksames Sportereignis in einer größeren benachbarten Metropole könnte dazu genutzt werden, ein eigenes Team aus der Stadt an den Start zu schicken, dieses mit schrillen Outfits oder einem besonders prägnanten Merkmal auszustatten und offensiv zu bewerben.
Dadurch kann man sich, ähnlich wie Nike mit seiner „Go Heinrich Go!“-Kampagne beim Berlin-Marathon 1996, hohe Sponsoring-Kosten sparen und dennoch vom Event profitieren. Der damalige Haupt-Sponsor des Berlin-Marathons Adidas ist durch diese äußerst offensive Kampagne des Konkurrenten Nike völlig in den Hintergrund geraten. Man sollte zwar mutige Dinge wagen, aber dennoch vorsichtig sein, um keine Rechte Dritter zu verletzen.
Auch anderweitige Events eignen sich durchaus für die eigene Stadtmarken- Kommunikation. So wurde eine überdimensionale Sandburg mit Wahrzeichen Österreichs am Strand von Rio de Janeiro am Rande der Olympischen Spiele 2016 errichtet.
Aber auch Stadtfeste oder ganz normale hoch frequentierte Einkaufstage in benachbarten Mittel- und Oberzentren oder der eigenen Stadt eignen sich gut, um z.B. mit 3D- Kreidezeichnungen auf Sehenswürdigkeiten und Ausflugsziele in der eigenen Stadt hinzuweisen.
Es gibt vielfältige Erscheinungsformen von Ambush-Marketingmaßnahmen. Bei der Auswahl geeigneter Maßnahmen sollte jedoch Vorsicht geboten sein, da offizielle Veranstaltungssponsoren nicht selten in den Schatten gestellt werden und sich in ihren Sponsorenrechten verletzt fühlen können. Zudem trifft diese Vorgehensweise nicht bei allen Zielgruppen auf Zustimmung. Im Durchschnitt ist ihre Meinung gegenüber solchen Maßnahmen jedoch neutral.
Moskito-Marketing
Eine weitere kostengünstige Möglichkeit, um mit einer Marke möglichst wirkungsvoll anzugreifen, stellt das Moskito-Marketing dar: Hierbei geht es darum, die Schwächen anderer Wettbewerber zur Platzierung mit der eigenen Marke auszunutzen. Meistens ist das Angriffsobjekt größer, sodass vor allem kleinere Städte ihr eigenes Markenkonzept flexibel auf diese Schwachstellen hin anpassen können.
Moskito-Maßnahmen werden meist von kleineren Unternehmen initiiert und zeichnen sich dadurch aus, dass sie gezielt die Schwachstellen größerer Anbieter ausnutzen.
Größere Metropolen haben meist ein Problem mit geringem zur Verfügung stehenden Wohnraum und hohen Mietpreisen. Als benachbarte oder nahe gelegene Stadt kann man dies ausnutzen und in der Metropole Werbung schalten und frustrierte Wohnungssuchende oder Kaufinteressenten abwerben. Auch online können gezielt Werbeanzeigen auf Immobilienportalen bei der Ergebnisanzeige zu bestimmten Suchbegriffen geschaltet werden. Verbunden mit einem erheiternden Bild und griffigem Spruch (siehe Sixt-Werbung), hat die Anzeige eine gute Chance, sich und damit auch die Marke erfolgreich bei den Zielgruppen zu platzieren.
Ambient-Marketing
Ambient-Maßnahmen sind unkonventionelle Formen der Außenwerbung, die in der Regel über einen längeren Zeitraum an ungewöhnlichen öffentlichen Orten bestehen bleiben. Sie werden häufig im unmittelbaren Lebensraum der Zielgruppen platziert, wodurch diese der Werbung nicht aus dem Weg gehen können. Zapfsäulen, Rolltreppen, Aufzüge oder Gepäckbänder am Flughafen werden zu neuen Werbeträgern, welche direkt mit in die Darstellung einbezogen werden können. Durch den daraus resultierenden Überraschungseffekt, der bestenfalls noch Unterhaltungswert besitzt, bleiben die Aussagen nachhaltig im Gedächtnis verankert. Der Empfänger nimmt auf diese Weise vermittelte Botschaften gar nicht als Werbung wahr und verdrängt sie somit auch nicht sofort wieder. Wiederholung in der Konfrontation stärkt das Meinungsbild über die Marke, was sich positiv auf die Markenbekanntheit und -bindung auswirkt.
Werbemittel in Form von Taschen, Flyern und Give-aways gehören mittlerweile zur Standard-Ausstattung einer Stadt, um sich auf Veranstaltungen zu präsentieren oder auf diese aufmerksam zu machen. Dabei wird normalen Taschen mit Logo-Print oder einfachen Flyern und Plakaten kaum noch Beachtung geschenkt. Ambient-Marketing bedient sich unter anderem auch solcher Werbeformen, wendet aber moderne und unkonventionelle Designs an, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Hat man ein Schloss, ein besonderes Wahrzeichen oder legendäre Figuren in der Stadt, so kann man diese auf Tüten abdrucken lassen und zwar so, dass sie mit dem Träger in Verbindung treten, ihn an der Hand nehmen oder sich von ihm tragen lassen.
Warum nicht anstelle eines Flyers oder Plakats auf Pizza-Kartons regionaler Pizzerien für eine Konzert-Reihe oder das städtische Kulturprogramm werben?
Bierdeckel in der örtlichen Gastronomie oder bei Veranstaltungen müssen nicht zwangsläufig von den Getränke-Herstellern kommen. Auch sie bieten sich gut als Werbefläche für die eigene Stadtmarke an und wirken besonders nachhaltig, wenn sie pfiffig sind und man z.B. mit ihnen etwas bauen kann oder Sprüche drauf platziert werden, die in Erinnerung bleiben.
Flyer müssen auch nicht unbedingt im Standard-Format als Postwurfsendung verteilt oder in lokalen Gechäften und Einrichtungen ausgelegt werden. Als Türanhänger in allen städtischen Einrichtugen und an allen Fahrrädern und Auto-Türgriffen polarisieren sie viel mehr und sorgen so für eine größere Aufmerksamkeit bei den Zielgruppen. Eine Seite mit einem witzigen Spruch versehen und die andere Seite für die gewünschten Informationen verwendet, besteht die Chance, es mit der Marke in das private Umfeld der Zielgruppen zu schaffen.
Aufzüge können perfekt genutzt werden, um die eigene Stadt in Szene zu setzen und Fans anzulocken. Einen Blick auf die Stadt von oben bekommt man schließlich nicht tagtäglich und so kann man mit einem Bodenaufkleber die Fahrt mit dem Fahrstuhl zum puren Vergnügen und Nervenkitzel machen.
Street-Marketing
Sehenswürdigkeiten und berühmte Persönlichkeiten aus der Stadt zum Anfassen mittels 2D-Straßenpostern, die auf Bildern den Eindruck einer 3D-Gestalt einnehmen. Mit einer dazugehörigen Social-Media-Aktion kann man nachhaltig mit der Marke Wirkung erzielen.
Machen Sie Besucher zu Stars: Entlang einer langen Wand oder Schaufenstern leerstehender Ladenlokale kann man „Roten Teppich“-Flair schaffen, indem man ein Plakat mit Fotografen in Aktion ablichtet, die den vorbeilaufenden Passanten das Gefühl vermitteln, berühmt und begehrenswert zu sein. Ganz nebenbei setzt man leerstehende Immobilien neu in Szene, was diese wiederum interessanter macht. Eine kreative, innovative und moderne Form, mit Leerstand umzugehen.
Street-Marketing-Maßnahmen eröffnen einem die Möglichkeit, vorhandene Straßenmöblierung und öffentliche Infrastruktur zu nutzen und Werbung neu zu inszenieren:
Straßen und nahezu alle Gegenstände im öffentlichen Raum können als Werbeträger genutzt werden, um mit einfachen und meist kostengünstigen Mitteln die Markenbotschaften zu verbreiten und für Aufmerksamkeit zu sorgen: Das ist das Grundprinzip des Street-Marketing. Menschen, die durch die Fußgängerzone schlendern oder spazieren gehen, ein Stadtfest oder eine Veranstaltung besuchen sind grundsätzlich offen für Signale von außen. Aber nur dann, wenn sie es nicht direkt als Werbung erkennen und sich von den Botschaften unterhalten fühlen. Im öffentlichen Raum können Street-Marketingmaßnahmen nahezu auf jeder Fläche mit Techniken wie der Kreidemalerei, Wash-Away-Graffiti, punktueller Hochdruckreinigung, Lichtillumination/-projektion oder Begrünung realisiert werden. Mit einer hohen Wiederholungsrate innerhalb des Durchführungszeitraumes beinhalten derartige Maßnahmen das Potenzial, um mit der Marke erfolgreich ins Gespräch zu kommen.
Viral-Marketing
Die Beurteilung, ob eine Sache, Haltung oder Leistung gut oder schlecht ist, wird häufig durch das soziale Umfeld beeinflusst. Ebenso wie das Handeln Vieler durch ihre unmittelbare Umgebung geprägt wird. Empfehlungen von Verwandten, Freunden, Kollegen und Bekannten werden als glaubwürdig wahrgenommen und erzeugen automatisch größere Aufmerksamkeit als Botschaften anonymer Dritter z.B. in Form von Werbung. Hierauf baut das Viral-Marketing auf und zielt darauf ab, Mundpropaganda auszulösen, weswegen das Social Media-Marketing eng mit dem Viral Marketing verbunden ist. „Virtuelle Freunde“ empfehlen etwas in den sozialen Netzwerken (u.a. Facebook, Xing, Twitter, Instagram, Pinterest, YouTube) durch das Teilen mit ihrer Gemeinschaft weiter. Aber es gibt auch eine Offline-Variante des Viral-Marketings, welche die klassische Mund-zu-Mund-Propaganda darstellt. Durch die zunehmende Digitalisierung gewinnt jedoch die Online-Variante mehr und mehr an Bedeutung. Mit ihr lassen sich virale Botschaften in kürzerer Zeit mit einer größeren Reichweite verbreiten. Viral-Marketing mittels Videos ist die populärste Form. Videos werden mittels geeigneter Medien und Anreize in der Gruppe der Multiplikatoren platziert und diese werden wiederum zu aktiven Nutzern, indem sie aus ihrer passiven Rolle des Empfängers heraustreten und die Botschaft in ihrer Gemeinschaft weitergeben. Der Multiplikator übernimmt die Rolle als Kommunikator, was jedoch auch dazu führt, dass man als Absender der Botschaft kaum mehr Einfluss auf den Prozess nehmen kann. Durch die Weiterverarbeitung beim Multiplikator gewinnt die Empfehlung an Glaubwürdigkeit und wird von den Empfängern anders aufgenommen als Werbung durch anonyme Personen. Zudem sorgt der Multiplikator für die Verbreitung via Facebook, YouTube, Twitter, Online- Spiele oder das Versenden als E-Mail-Anhang. Dadurch kann eine Kettenreaktion ausgelöst werden: Die „virtuellen Freunde“ des Senders empfangen die Botschaft und empfehlen sie ihren Freunden durch Teilen und Liken weiter. Voraussetzung eines viralen Weiterempfehlungseffekts ist die Schaffung kreativer und innovativer Botschaften, die daneben auch noch amüsant, provokant oder gar schockierend sein müssen. Erfolgreiches Viral-Marketing ermöglicht eine größere Reichweite von Botschaften bei geringerem Mitteleinsatz, als bei klassischen Marketingmaßnahmen.
Ein viraler Effekt entsteht häufig bei Videos durch das direkte Erlebnis und die Emotionen, die Bild und Ton besser beim Empfänger auslösen können, als Texte allein. Mit einer eingängigen Melodie oder der Nutzung eines bekannten Songs, kann ein Hype entfacht werden, der die Markenbekanntheit positiv steigern lässt. „Supergeil“, der Werbe-Spot von Edeka ist ein Parade-Beispiel für ein virales Video.
Aber auch mit kleinerem Budget und bekannten Songs lässt sich ein Video mit viralem Potenzial entwickeln, wie das folgende Beispiel zeigt.